12.03.
Laut Lonelyplanet ist Solo (auch Surakarta genannt) weniger westlich und weniger touristisch als Yogyakarta (Jogja). Entsprechend sind unsere Erwartungen und wir gehen von einer tendenziell dreckigen, vollen asiatischen Stadt aus.
Und schon folgt die nächste Lehre auf unserer Reise. Bei der gestrigen Einfahrt in die Stadt sind uns diverse schicke Hotels, Shoppingmalls, mehrspurige und vor allem geordnete Straßen, sowie ein breiter Fußgängerweg aufgefallen. Letzteren gab es nichtmals in Jogja. Viele Bürogebäude von Banken säumen die Hauptstraße, an der auch wir unser Hotel haben. Wir sind völlig perplex – damit hätten wir nicht gerechnet. Also heißt es mal wieder: Kulturschock vom feinsten. Die Beschreibung „das Frankfurt von Indonesien“ trifft es meiner Meinung nach am besten.
Noch etwas geschockt und beeinflusst von dem gewöhnungsbedürftigem Frühstück in Jogja (gebratener Reis) suchen wir zunächst eine Mall und eine dort vorhandene Cafe-Kette auf – bei Kaffee, Joghurt mit Früchten und Donuts starten wir in diesen wiedermal sonnigen Tag.
Wir passieren unerwartete Streetart auf unserer Entdeckungstour – wenn das hier gezeigte Thema nicht „westlichen“ Ursprungs ist, weiß ich jedoch auch nicht weiter. Anscheinend sind sich zumindest einige Indonesier den Gefahren von Handys bewusst und drücken dies eindrucksvoll aus.

Bisher sind wir begeistert, aber was wäre das Leben ohne Veränderungen. Die Stimmung ändert sich schlagartig, als wir bemerken, wie einige Einheimische Caren abwertende Blicke entgegenwerfen. Aufgrund der gestern entdeckten Malls und scheinbaren Westlichkeit der Stadt, hat sie ihre Schultern heute nicht per Shirt bedeckt. Da unserer Auffassung nach Katrin weniger solche Blicke erhält, entschließen wir uns kurzerhand ein Tuch zu kaufen und somit die Schultern zu verdecken.
Als wäre nichts gewesen, können wir nun nur noch in freundliche Gesichter blicken. Komische Welt, in der wir uns befinden. In Indonesien wohnen fast ausschließlich Muslime und für die Konservativen unter ihnen, sind anscheinend unbedeckte Schultern bereits ein großes Vergehen. Sobald wir uns aber „an die Regeln halten“, werden wir freundlich empfangen und gegrüßt. Wir mutmaßen weiterhin, dass die Leute hier einfach ein wenig überfordert mit uns Touristen sind. Wir sehen tatsächlich lediglich eine weitere weiße Person in der ganzen Stadt.
Sobald das Eis jedoch gebrochen ist, treffen wir auf unglaublich liebenswerte und offene Menschen. So geschehen auf einem lokalen Markt (Pasar Gede), wo wir uns mit Früchten eindecken wollen. Da wir 80% der Früchte nicht kennen, dürfen wir uns durch so ziemlich alles probieren (nachdem wir versprechen, was zu kaufen). Alles lecker, alles in die Einkaufstüte! Wir zahlen ein paar Euro für diverse Früchte (Snakefruit, Mangostan, eine Art Lychee, usw.) – obwohl wir mit dem Preis wahrscheinlich gnadenlos über den Tisch gezogen werden, ist es aus unserer Sicht extrem günstig und so gewinnen beiden Seiten.

Ganz vergessen ist das ungute Gefühl nicht, aber es wird zumindest zunehmend durch die Freundlichkeit der neuen Bekanntschaften verdrängt. Das i-Tüpfelchen dabei setzt ein etwa 1,40-Meter großer indonesischer Opa, den wir beim Abendessen kennen lernen. Wir trauen uns in ein lokales Restaurant und werden auf der Landessprache freundlichst empfangen – wir verstehen kein Wort. Der alte Opa scheint irgendwie dazu zu gehören und schleicht durchgehend grinsend um uns herum, nur um dann wieder kurz im Laden zu verschwinden.
Wir erhalten eine Karte, die wir nicht im Ansatz entschlüsseln können. Den einzigen Hinweis, der uns was sagt, ist das indonesische Wort für Hähnchen (Ayam) – untermalt wird die Bedeutung von Ayam durch besagten Opa, der wie ein Hahn mit den Flügeln schlägt und dabei über beide Ohren grinst – wir sind verliebt! Irgendwie bestellen wir dann vier mal das Stammgericht, das wahrscheinlich auch das einzige im Angebot des kleinen Restaurants ist.
Im Bananenblatt serviert gibt es Reis, Hähnchen, schwarze Eier (ja, schwarze), Kokosnuss-Soße und dazu eine weitere Soße – es schmeckt natürlich überragend, auch wenn einige der Anwesenden die leckeren Eier verschmälern (schämt euch!). Zum Abschied wird sich natürlich umarmt – wir sind ja jetzt Familie. Von dem Erlebnis werden wohl alle Beteiligten noch lange berichten.

Den Abend lassen wir in einer Shishabar ausklingen. Auch hier ist die erste Reaktion der Mitarbeiter verhalten und unsicher – nach einiger Zeit scherzen sie mit uns, fragen uns ein wenig aus und machen sogar Werbung für die Bar mit uns. Wir landen auf Instagram und sind wohl jetzt berühmt in Indonesien. Es ist nicht das erste Mal, dass wir nach Bildern gefragt werden. Freundlich, wie sie sind, bestellen sie uns sogar ein Taxi zurück zur Unterkunft und wir verabschieden uns (nur mit Händeschütteln dieses Mal).

Wir sind dankbar, wenn auch etwas erschlagen von den Eindrücken. Wir wollten das echte Indonesien erleben und sind so in Java gelandet. In Solo haben wir nur einen weiteren Touristen erblicken können und viele einprägende Erfahrungen machen dürfen – das Ziel ist erreicht, auch wenn es viel Energie gekostet hat. Java, dank dir.